Schlüsselkind: Ab wann kann das Kind allein zu Hause bleiben?

Sind beide Eltern berufstätig und ist keine Nachmittagsbetreuung in der Schule möglich, bleibt vielen Familien nichts anderes übrig, als ihren Nachwuchs für ein paar Stunden allein zu Hause zu lassen. Doch wie bereiten Eltern ihr Kind am besten auf das Leben als Schlüsselkind vor?

Neue Freiheit für den Nachwuchs

Der Begriff «Schlüsselkind» stammt eigentlich aus den 1950er- und 1960er-Jahren und war damals eher negativ besetzt. Das Idealbild der Familie zur damaligen Zeit sah es vor, dass die Mutter zu Hause blieb und sich um Haushalt und Kinder kümmerte, während der Vater für den Lebensunterhalt sorgte. Wer sein Kind für mehrere Stunden allein liess, weil beide Elternteile arbeiten mussten, oder weil es gar nur einen Elternteil gab, der galt schnell als «Rabenmutter» oder «Rabenvater».

Heute sieht die Situation etwas anders aus. Der Begriff «Schlüsselkind» ist allerdings geblieben. In vielen Familien gehört es inzwischen zum Alltag, dass die Kinder ab einem bestimmten Alter nach der Schule für ein paar Stunden allein zu Hause bleiben. Allerdings hängt es von der persönlichen Entwicklung des Kindes ab, ob es schon bereit ist, allein zu bleiben, und inwieweit es seine neue Freiheit geniesst. Während das eine Kind über ein wenig Zeit ohne die Eltern froh ist und stolz die neue Verantwortung trägt, ängstigt sich ein anderes vor dem Dasein als Schlüsselkind. Umso wichtiger ist es, dass Eltern zuallererst mit ihren Kindern sprechen, bevor sie sich entscheiden, diese für einige Stunden alleine zu lassen.

Moderne Schlüsselkinder wissen sich zu beschäftigen

Das Leben als Schlüsselkind sollte nicht zu früh beginnen. Experten empfehlen ein Mindestalter von acht Jahren. Alle jüngeren Kinder sollten sich in der Obhut der Grosseltern, eines Babysitters oder einer Betreuungseinrichtung befinden, bis die Eltern mit ihrer Arbeit fertig sind. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Erst ab einem bestimmten Alter sind Kinder in der Lage, sich selbst Essen zuzubereiten, ein Telefon zu bedienen, die Uhr sicher zu lesen und sich zuverlässig an Absprachen zu halten.

Sind sie alt genug, kommen viele Kinder allerdings gut mit dem Alleinsein zurecht. Die damit verbundene Freiheit wird gerade von älteren Kindern oft wertgeschätzt. Moderne Schlüsselkinder sind zudem weniger auf sich selbst gestellt, schliesslich können sie in der Regel per Handy und Internet bei Bedarf mit den Eltern kommunizieren. Doch sollten Eltern die Selbständigkeit ihrer Kinder nicht zu gelassen sehen. Vielen Kindern fehlt während des Alleinseins zu Hause trotz medialer Ablenkung der emotionale Austausch mit den Eltern.

Das Kind aufs Alleinsein vorbereiten

Ähnlich wie bei der Eingewöhnungsphase im Kindergarten oder in der Schule brauchen Kinder eine Weile, um sich an das neue Leben als Schlüsselkind zu gewöhnen. Am Anfang sollte das Kind deshalb auf die neue Rolle vorbereitet werden. So kann zum Beispiel die Zeit des Alleinseins langsam ausgedehnt werden, während gleichzeitig alltägliche Aufgaben wie das Aufwärmen von Essen, das Versorgen kleiner Wunden oder das Auffüllen einer Wärmflasche geübt werden. Das Aufschliessen der Haustür will natürlich auch gelernt sein: Eltern können ihrem Kind schon einmal einen Schlüssel mitgeben, auch wenn sie eigentlich zu Hause sind. So lernt der Nachwuchs am besten, wie es ist, allein die Tür zu öffnen.

Ausserdem ist es wichtig, dass Eltern und Kinder vor dem Beginn der Schlüsselkind-Phase über das Alleinsein sprechen, um etwaige Ängste abzubauen. Kinder sollten auch immer eine Notfallnummer zur Hand haben, unter der sie Eltern oder Freunde erreichen. Auf jeden Fall sollten Schlüsselkinder darauf vorbereitet werden, wie sie sich verhalten sollen, wenn Fremde anrufen oder an der Tür klingeln.

Diese Vorkehrungen helfen Eltern und Kindern, sich mit der neuen Situation anzufreunden und mildern mögliche Ängste auf beiden Seiten. Sowohl für die Kinder als auch für die Eltern sollte klar sein, dass Absprachen jederzeit einzuhalten sind und während der Abwesenheit der Eltern jeder auf dem Handy erreichbar sein muss. Nicht nur Kindern kann die Umgewöhnung schwerfallen. Deshalb sollte sich das Alleinsein, wenn es sich einrichten lässt, zunächst auf wenige Stunden pro Wochen beschränken.

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